Vor zwei Jahren habe ich mal einen Notfall im Zug versorgt. Diese Geschichten sind mit ein Grund gewesen den Blog überhaupt zu eröffnen. Viel Spaß beim Lesen, und seid vorsichtig beim Zugfahren.
Zug und Notfälle die 10. – Ich ziehe es wirklich an. Diesmal: ich habe mich gerade mit Notebook hingesetzt, als plötzlich lautes Schreien anfängt und eine Frau aufgeregt losrennt und fragt ob denn hier ein Arzt ist. Ich packe mal zusammen und sage ich würde kommen, auch als Krankenpfleger. Sichtlich unzufrieden damit das ich wohl gerade die Dramatik der Situation falsch einschätzen (tatsächlich, im Hinterkopf habe ich “wer schreit atmet”) hastet sie weiter.
Beim Patienten angekommen sehe ich ihn, er ist Anfang 20, sieht aber aus wie ein verdutzter Teenie, hält sich sein Knie und brüllt um Hilfe. Nach kurzem Beruhigen schafft er es seine Geschichte zu erzählen: beim aufstehen hat er es irgendwie geschafft sich zu drehen und dabei seine Kniescheibe zum herausspringen zu bewegen. Das man das Knie berührt wehrt er vehement ab.
Da kommt ein netter Mann und meint er sei Arzt – ob man denn was tun könne und was los sei. Ich setze ihn ins Bild, wir schauen den Patienten an und er fragt was ich mache. Anästhesiepflege meint er, das sei praktisch mit Schmerzen hat er nichts zu tun er sei Neurologe mit Spezialisierung auf Neurodegenerative Erkrankungen. Inzwischen ist der Zugbegleiter da und losgeschickt um den Notfallkoffer zu holen. Der Patient beteuert währenddessen man möge ihm endlich helfen, er sei auch gut versichert. Sein Arbeitgeber ist die Bundeswehr. Zwischendurch spannt er Mitreisende ein und gibt Kommandos man möge seine Mutter anrufen und die soll (sic!) sich sofort ins Auto setzen und nach Mannheim kommen weil er da in ein Krankenhaus kommt.
Inzwischen ist der Notfallkoffer da, der Ärztliche Kollege und ich überlegen was wir tun, als Anästhesiemensch lege ich zuerst mal einen Zugang, den kann man immer gebrauchen. Wir finden Tramal i.v. im Notfallkoffer ist (Ein recht gutes Schmerzmittel) und im Patienten besser aufgehoben wäre. Nach der ersten Ampulle bessert sich die Situation etwas, nach der zweiten noch mehr – als wir dann im Bahnhof sind bekommen wir den Patienten aber nicht dazu sich tragen zu lassen ohne wild zu schreien. Der Rettungsdienst fordert einen Notarzt nach der dann eine Kurznarkose macht und voilà schon zerren wir den tapferen Soldaten auf den Bahnsteig.
Der Arzt und ich gehen noch etwas trinken, schließlich haben wir beide unseren Anschluss verpasst und den Zug mit 20 Minuten Verspätung zurückgelassen. Ich bin zufrieden – immerhin war es nichts ernstes und bei solchen Soldaten muss ich mir nicht ganz so viele Sorgen um Deutschlands Angriffsarmee machen. Zugfahren ist immer wieder eine schöne Sache.